img_4914

Als Einzelkind war mir oft langweilig. Obwohl ich viele Freundinnen hatte und einige davon in derselben Gegend wie ich wohnten, mussten wir so quasi „Playdates“ abmachen, um ausserhalb der Schulzeiten miteinander zu spielen (Ecuador, ihr wisst schon).

Ich erinnere mich noch wie unendlich langweilig ich mich fühlte. Damals gab es noch keine 24-Stunden-Kinderfernsehen-Kanäle, kein Internet, kein iPhone. Nichts. Man musste sich irgendwie selbst beschäftigen.

Aus reiner Langeweile habe ich also angefangen zu lesen, in den Ferien 2-3 Bücher pro Woche. Aus Langeweile habe ich mir meine eigene Kartenspiele ausgedacht, Abenteuergeschichten geschrieben, Puppentheater gemacht, Klavierspielen gelernt, eigene Geheimsprachen erfunden. Aus Langeweile habe ich gebastelt, gemalt, gebacken. Als ich mal eine Ferienwoche bei meinen Grosseltern war und keine Bücher dabei hatte, las ich sogar die gesamte Bibel durch (altes und neues Testament!).

Rückblickend bin ich dankbar über diese Langeweile. Ich sehne sie mir richtig zurück. Heutzutage bleibt keine Zeit für Langeweile und Muße. Nicht nur weil man als erwachsene Person einfach mehr Verpflichtungen hat als während der Kindheit, sondern weil wir zur Unterhaltungsgesellschaft mutiert sind.

Wir können uns die ganze Zeit schön ablenken: TV, Laptop, iPad, iPhone, etc. laden uns förmlich ein auf Whatsapp, Facebook, Instagram und Pinterest zu gehen. Um zu sehen was die anderen so tun. Um nicht gelangweilt zu sein. Auf der Suche nach Inspiration. Glaubt mir, ich weiss wovon ich rede. Ich bin die Erste die das Handy zückt wenn gerade mal nichts ist.. Wenn ich an der Schlange stehe, im Wartezimmer, im Zug, oder im Restaurant während ich auf Freunde warte.

Manchmal funktioniert’s und ich bin interessiert. Manchmal gibt es mir viele Ideen für mein Blog. Für Home-Deco. Für Backprojekte. Doch sehr oft bin ich auch ganz einfach überwältigt von der unendlichen Menge an Eindrücke. Ich bin dann stundenlang auf Pinterest und alles was ich kriege ist einen Riesenfrust.

Ich möchte irgendwie alles auch tun, und doch habe ich gerade zwei Stunden verloren die Ideen zu „suchen“.  Das einzige was dann hilft, ist das Handy wegzulegen und einfach nichts tun. Nichts denken. Tee trinken.

img_4911

Ich bin überzeugt viele der grossen Erfindungen und Kunstwerke unserer Geschichte stammen aus einem Moment der Langeweile heraus. Wie zum Beispiel die Sonnenuhr. Wisst ihr wie sie erfunden wurde? Ein ägyptischer Hirte hatte sein Hirtenstab in den Sand gesteckt, und beobachtet wie sich mit der Zeit der Schatten bewegte. Wäre er abgelenkt gewesen, hätte er nie die Sonnenuhr erfunden!

Oder Einstein. Er war zwar ein Genie und hatte schon eine Idee der Relativitätstheorie im Kopf, aber erst seinen langweiligen Job im Berner Patentamt gab ihm die Zeit es fertig zu denken.

Deshalb möchte ich euch heute fragen wann ihr euch das letzte Mal so richtig gelangweilt habt. Erinnert ihr euch daran? Einfach da sein, nichts tun müssen. Tee trinken, in den Himmel schauen, kein Fernseher, Handy oder andere Ablenkungen. Wer weiss, vielleicht kommt ja nichts. Im schlimmsten Fall dient es euch als Erholung. Aber vielleicht kommen dann auch die ganz guten Ideen…. Versucht es doch mal und erzählt es mir, ok?

(Und wenn ihr Kinder habt und ihnen etwas Gutes tun wollt…lasst sie auch mal langweilen!)

4 comments on “Eine Ode an die Langeweile”

  1. Liebe Karin,

    ein wundervoller Post – der mir aus der Seele spricht. Mir geht es ganz genau so. Sobald ich einen Moment der Ruhe habe, greife ich zum Handy und stöbere durch Instagram und Co. So richtig Nichts-Tun, das habe ich verlernt. Deshalb habe ich mir vorgenommen nun endlich mal „die Sache mit dem Meditieren“ anzugehen, um mal wieder still zu sitzen, bei mir zu sein und Ruhe aufkommen zu lassen.

    Wenn man es denn nämlich schafft, die Seele mal baumeln zu lassen, dann kommen sie, die tollen Ideen. Ich habe während meines Architekturstudiums mal ein wahnsinnig spannendes Theorieseminar belegt, in dem es um das Erleben des Raumes ging – und da gibt es auch so viele Beweise dafür, dass sich der Müßiggang lohnt, weil dann die Muse gar nicht mehr weit ist.

    Ich wünsche Dir also einen „langweiligen“ Jahresausklang 🙂 Toller Beitrag!

    Liebe Grüße
    Nathalie

    • Liebe Nathalie,

      Vielen Dank für dein Kommentar!
      Wow, Erleben des Raumes? Daran hätte ich nicht gedacht, aber es macht absolut Sinn. An dieses Seminar wäre ich auch gerne gegangen!

      Meditieren hilft mir auch, habe es allerdings in letzter Zeit viel zu selten gemacht… aus Zeitmangel 😉 Aber ich möchte es wieder in meine tägliche Routine integrieren.

      Liebe Grüsse
      Karin

  2. Hallo Karin,
    weil du Kinder gesagt hast, ist mir eine Erinnerung hochgekommen…

    meine Nichte, auch Einzelkind, hat immer gefragt, „was ma dann machen“ also nachdem, das wir jetzt machen…
    oft bin ich drauf eingestiegen und hab etwas genannt; das hatte dan meist zur Folge, dass sie, wenn wir was anfingen, sich nicht darauf einlassen konnte, sondern immer schon wissen wollte, was wir danach machen usw. usw.

    stieg ich nicht drauf ein, sagte sie immer „mir is aber soooo langweilig“ ich hab dann mal geantwortet „na dann lass es dir halt mal langweilig sein – vlt hast du dann selbst eine Idee, was du machen möchtest…“

    sie kam mich dann einmal besuchen, am land und das Spielchen fing wieder an – jetzt waren wir aber in meinem Revier – ich konnte also lauter Dinge vorschlagen, die ich gerne mache… zuerst schöne Steine sammeln – naja, das kam noch icht so gut an, aber DANACH gingen wir zum Bacherl und spielten Damm bauen, Bach regulieren, umleiten etc. und siehe da. ich hörte über eine Stunde nix von ihr von wegen, was danach…
    im Gegenteil, sie wollte gar nicht mehr aufhören 🙂

    die Kinder dieser Generation habens ja auch wirklich nicht leicht – ständig diessse Reizüberflutung des Gehirns… wie soll man da überhaupt eigene Gedanke bzw Ideen haben???
    Heute zum 1. Mal deine blog gelesen – ich mag ihn!
    Bin gerade am Seifen sieden und habe nach Inspiration gesucht!!!
    Lg aus Österreich, Steiermark

    • Liebe Hedi,
      Vielen Dank für dein Kommentar! Du hast Recht, die Kinder dieser Generation haben es nicht einfach. Manchmal denke ich, dass in Zukunft Handys für Kinder verboten sein werden. Die Idee mit deiner Nichte ist super! Wenn sie plötzlich kein „Animationsprogramm“ mehr haben, müssen sie selber überlegen was sie tun wollen. 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert